AUFTRAGGEBER
Wasser- und Bodenverband "Oberland Calau"
IN ZUSAMMENARBEIT MIT
agit Landschaft UG
LEISTUNGSUMFANG
Gartendenkmalpflegerische Zielplanung
TEAM
Thomas Guba, Ines Alkewitz, Grégoire Tourne
FLÄCHE
rd. 8,5 ha
ZEITRAUM
Februar 2020 - März 2022
ORT
Cottbus in Brandenburg
Gartendenkmalpflegerische Zielsetzung
Kleines Spreewehr in Cottbus
Der Wasser- und Bodenverband „Oberland Calau“ plant die Errichtung einer Fischaufstiegsanlage am Kleinen Spreewehr in Cottbus. Hierfür wurden zwei Standortalternativen untersucht, die sich jeweils im Oberwasser der Wehranlage befinden: a) linksseitig (westlich) der Spree auf der Spitze der Mühleninsel (vgl. Cottbus I); b) rechtsseitig (östlich) der Spree entlang des Ufers.
Diese Flächen befinden sich innerhalb des Denkmalensembles mit Gebietscharakter ”Kleines Spreewehr am östlichen Spreeufer“ aus den 1970er Jahren, das den angrenzenden Landschaftsraum der Spreeaue und die Ludwig-Leichhardt-Allee einbezieht. Die Gesamtgröße des Denkmalensembles beträgt rd. 8 ha.
Das Untersuchungsgebiet gehörte ursprünglich zum Cottbuser Hospital der ”Ordensbrüder vom Heiligen Geist” und fiel nach der Säkularisierung zusammen mit dem Dorf Sandow an die Stadt Cottbus. Parallel zur Spree befand sich eine große Wasserfläche, die in Bezugnahme auf die Eigentumsverhältnisse den Namen ”Hospitalteich” trug.
Ab ca. 1850 beginnt die bauliche Entwicklung des südlichen Teils der Sandower Vorstadt, zunächst vor allem mit Freizeitnutzungen (Turnhalle, Schützenhaus). In Plänen aus der gleichen Zeit ist auf dem Spreedamm bereits ein Weg zu Schloss und Park Branitz verzeichnet. Im Jahr 1892 wurde der Damm vom “Verschönerungsverein zu Cottbus“ als Allee mit Kastanien bepflanzt (heutige Ludwig-Leichhardt-Allee).
Zwischen 1913 und 1916 fanden Gartenbauausstellungen rund um den Hospitalteich statt, der nach dem 2. Weltkrieg mit Schutt verfüllt wurde. Der Baumbestand der Uferzone blieb erhalten und wurde in die spätere Freiraumgestaltung integriert. Während der 1. Bezirks-Gartenbauausstellung “Grünen und Blühen an der Spree“ 1954 befanden sich im Bereich des zugeschütteten Hospitalteichs die temporären Ausstellungshallen.
1967 entstand die Leitkonzeption für das Wohngebiet ”Kleines Spreewehr” als ein Bauabschnitt von insgesamt sechs im Stadtteil Sandow. 1970-72 wurden vier ”Wohnscheiben“ als Sondertypen der siebengeschossige Mittelganghäuser errichtet. Die Baukörper sind zur Spree orientiert, jedoch in gebührendem Abstand zum Fluss, so dass genügend Platz für die Anlage großzügiger Freiräume und die Errichtung von Sonderbauten in einem parkähnlich gestalteten Umfeld blieb.
Zu diesen Sonderbauten gehörten – neben einer Ambulanz und der HO-Gaststätte “Kleines Spreewehr“ – das zwischen 1972 und 1974 als Schulsternwarte errichtete Raumflugplanetarium. Im umgebenden Park wurde das Thema ”Weltall“ räumlich umgesetzt: Weite Wegebögen, die wie „Umlaufbahnen“ das Planetarium umkreisen, erschließen den Park; radial angeordnete Baumpflanzungen unterstreichen diese Gestaltung; an exponierten Stellen eingesetzte Staudenpflanzungen sind sternfarben in Rot-Gelb-Tönen gehalten.
Auch die Freiflächen von Ambulanz und HO-Gaststätte waren nicht isoliert, sondern wurden als Teil der Parklandschaft und des Grünzuges der Ludwig-Leichhardt-Allee konzipiert: Zugänge und Sitzangebote orientierten sich zum öffentlichen Raum; durch die geschickte Anordnung von Pflanzbeeten und räumlichen Elementen wie der Formsteinwand an der Ambulanz wurden Transiträume geschaffen, die zwischen öffentlicher und auf einen bestimmten Personenkreis eingeschränkter Nutzung vermittelten.
Die Freianlagen rund um das Planetarium sind in ihrer Originalsubstanz gut erhalten, wenn auch sanierungsbedürftig. Die weitgehend erhaltene Grundstruktur aus Pflanz- und Belagsflächen kann durch eine vergleichsweise unaufwändige Gehölzpflege wieder stärker sichtbar gemacht werden. Dieser Bereich der Gesamtanlage wurde in der Denkmalbewertung als ”unbedingt erhaltenswert“ eingestuft. Die zum Erhalt erforderlichen Maßnahmen haben wir in einem ausführlichen Maßnahmenkatalog dargestellt.
Ganz anders verhält sich die Situation bei ehemaliger HO-Gaststätte und Ambulanz:
Die HO-Gaststätte wurde 2012 nach einem Brand abgerissen und durch einen Wohnungsbau mit privaten Freiflächen ersetzt. Neben dem Flächenverlust ist auch die Verknüpfung zur Umgebung verlorengegangen.
Die ehemalige Ambulanz (Gesundheitszentrum) wurde noch während der Erstellung dieses Gutachtens zur Kindertagesstätte umgebaut. Hierbei wurde ein Geländestreifen entlang der Südfassade dem Kita-Grundstück zugeschlagen und von der öffentlichen Freifläche abgetrennt, wodurch auch hier die ursprünglichen räumlichen Bezüge, die einen besonderen Wert der Originalanlage darstellten, verlorengegangen sind. Dieser Bereich wurde deswegen als nur “bedingt erhaltenswert“ eingeschätzt. Veränderungen sind jedoch weiterhin genehmigungspflichtig und sollten im Zusammenhang mit einer mittelfristig erforderlichen Nachpflanzung der Ludwig-Leichhardt-Allee betrachtet werden.
Aufgabe einer Gartendenkmalpflegerischen Zielplanung ist es, das Denkmal unabhängig von geplanten Veränderungen zu betrachten und Entwicklungsziele ”im Sinne” des Gartendenkmals zu formulieren. Eine Auseinandersetzung mit dem Bauvorhaben Fischaufstiegstreppe fand deswegen bewusst nicht statt – sie wäre Aufgabe einer eigenständigen Planung.
Nichtsdestotrotz haben wir mit der Bewertung des Bereichs zwischen ehemaliger Ambulanz / HO-Gaststätte als nur ”bedingt erhaltenswert“ Handlungsoptionen für den Vorhabensträger aufgezeigt: Wenn die Fischaufstiegstreppe realisiert werden soll, dann aus gartendenkmalpflegerischer Sicht auf dieser Seite der Spree und nicht auf Seiten des Frühlingsgartens (Standortalternative a).