AUFTRAGGEBER
Wasser- und Bodenverband "Oberland Calau"
IN ZUSAMMENARBEIT MIT
agit Landschaft UG
LEISTUNGSUMFANG
Gartendenkmalpflegerische Zielplanung
TEAM
Thomas Guba, Ines Alkewitz, Grégoire Tourne
FLÄCHE
rd. 8,5 ha
ZEITRAUM
Februar 2020 - März 2022
ORT
Cottbus in Brandenburg
Gartendenkmalpflegerische Zielplanung
Frühlingsgarten in Cottbus
Der Wasser- und Bodenverband „Oberland Calau“ plant die Errichtung einer Fischaufstiegsanlage am Kleinen Spreewehr in Cottbus. Hierfür wurden zwei Standortalternativen untersucht, die sich jeweils im Oberwasser der Wehranlage befinden: a) linksseitig (westlich) der Spree auf der Spitze der Mühleninsel; b) rechtsseitig (östlich) der Spree entlang des Ufers.
Beide alternativen Standorte stehen unter Denkmalschutz. Das Brandenburgische Denkmalschutzgesetz schreibt vor, dass Denkmale durch den Verfügungsberechtigten nach denkmalpflegerischen Grundsätzen zu erhalten, zu schützen und zu pflegen sind (§ 7, Satz 1). Einer Erlaubnis bedarf es u.a., wenn ein Denkmal in seinem Erscheinungsbild, in seiner Nutzung oder durch Errichtung und Veränderungen von Anlagen in der Umgebung verändert werden soll (§ 9 Satz 1, BbgDSchG).
Grundlage für Eingriffe in die Substanz oder das Erscheinungsbild eines Denkmals bildet die sog. Gartendenkmalpflegerische Zielplanung, die im Rahmen des Planfeststellungsverfahren Fischaufstiegstreppe für beide denkmalgeschützte Bereiche zu erstellen war. Als gutachterliche Fachplanung beschreibt, analysiert, bewertet sie das Denkmal räumlich wie zeitlich und formuliert Entwicklungsziele.
Die Standortvariante a) befindet sich innerhalb des Gartendenkmals ”Frühlingsgarten auf der Mühleninsel mit Ostrower Steg”, einer ca. 0,5 ha große, langgezogene Grünfläche entlang des Mühlgrabens, die von der Franz-Mehring-Straße bis zur Inselspitze reicht und diese umfasst. Die Fischaufstiegstreppe soll bei dieser Variante auf der Inselspitze errichtet werden, wodurch deren gärtnerische Gestaltung zerstört werden würde.
Der Frühlingsgarten geht auf die im Jahr 1905 vom “Verschönerungsverein Cottbus“ mit Kastanien bepflanzte ”Promenade entlang des Mühlgrabens” zurück, die die Innenstadt über das Kleine Spreewehr mit der rechten Spreeseite verbindet. Erstmals gärtnerisch gestaltet wurde die Promenade im Rahmen der Bezirksgartenbauausstellung ”Grünen und Blühen an der Spree“, die ab 1954 stattfand. Aus Anlass der 800-Jahrfeier Stadtgründung Cottbus im Jahr 1956 wurde sie mit Tausenden Frühjahrsblühern bepflanzt, woraufhin sich der Name ”Frühlingsgarten“ durchsetzt. Ab 1957 wurde die Anlage dauerhaft gestaltet.
Unsere Recherche hat ergeben, dass der Frühlingsgarten mehrfach umgestaltet wurde, wobei die Grundstruktur – eine durchgehende Wegepromenade mit Sitznischen auf der Mühlgrabenseite und Kompartimenten mit natursteinumfassten Hoch- und Flachbeeten auf der wasserabgewandten Seite – immer beibehalten wurde: Tiergehege und Vogelvolièren, die noch aus der Zeit der Bezirksgartenschau stammten, wurden nach und nach durch besonders gestaltete Flächen ersetzt, so wie das zum Wasser hin leicht abgesenkte ”Mühlgraben-Kompartiment“ oder der Platz in Form einer Aussichtsterrasse etwa in der Mitte der Promenade.
Bereits 1953, also noch vor der gärtnerischen Gestaltung der Promenade, fand einer der ersten (von drei) Urwald-Mammutbäumen, die der DDR von einer bundesdeutschen Baumschule geschenkt bekam, ihren Platz direkt am Mühlgraben. Der heute als Natur-Denkmal geschützte Baum gab möglicherweise den Anstoß dazu, im Laufe der Jahre weitere wenig bekannte Gehölze (z.B. Esskastanie, Eisenholzbaum, Tulpenbaum) zu pflanzen, so dass der Frühlingsgarten heute über viele dendrologische Besonderheiten verfügt.
An ausgewählten Stellen wurden Skulpturen zeitgenössischer Künstler aufgestellt und Anfang der 1980er Jahre entlang der Grundstücksgrenze eine Pergola errichtet. Es ist vermutlich u.a. die Form dieser Pergola mit ihren V-förmigen Stützen aus Metall-Rundrohr, die zur verbreiteten Meinung führte, dass der Frühlingsgarten eine typische Anlage aus den 1950er Jahren sei. Die Tatsache, dass aus dieser Zeit nur seine räumliche Grundstruktur stammt, er dann aber innerhalb der folgenden 30 Jahre immer wieder kongenial verändert wurde, tut seinem gartenhistorischen Wert keinen Abbruch – im Gegenteil.
Die Inselspitze, die Anfang der 1990er-Jahre als Baustelleneinrichtungsfläche zur Errichtung der heutigen Wehranlage diente, wurde im Rahmen der Bundesgartenschau 1995 (im damaligen Zeitgeschmack umgestaltet und bildet mit ihrer organischen Formensprache einen eigenen Bereich. Als wichtige Zeitschicht (die BUGA ´95 war die erste ostdeutsche Bundesgartenschau) hat diese Gestaltung die gleiche denkmalpflegerische Bedeutung wie der übrige Teil der Anlage – ganz im Sinne der Charta von Florenz (1981), ”grundsätzlich keine Epoche der Anlagengeschichte auf Kosten einer anderen bevorzugt werden darf“. Die Inselspitze ist aus diesem Grund in ihrer heutigen Form zu bewahren und zu pflegen. Die Errichtung der geplanten Fischaufstiegstreppe ist hier aus gartendenkmalpflegerischer Sicht nicht zu befürworten.